Wiedereröffnung: Nach einer Umbauphase stehen die modernen Messgeräte für die Forschung im Geochronologie-Labor nun zentral gebündelt am LIAG im Geozentrum Hannover zur Verfügung.
Das Labor ist eines der wenigen weltweit, das einen integrierten Ansatz durch die Kombination von Lumineszenz- und Elektronenspinresonanzdatierung ermöglicht. Durch die Bestimmung des Alters von Lockersedimenten und Gesteinen erlaubt die Forschungsabteilung „Gesteinsphysikalische Parametrisierung“ so Einblicke in die Erdgeschichte und Landschaftsgenese – von jüngster Zeit bis zu mehreren Millionen Jahren in der Vergangenheit. Die Leiterin des Geochronologie-Labors Professorin Sumiko Tsukamoto eröffnete gemeinsam mit Institutsleiter Professor Martin Sauter und dem Administrativen Leiter Lars Naue feierlich das modernisierte Labor.
„Die Erdoberfläche ist für uns wie ein Geschichtsbuch. Ohne Zeitangaben bleiben die darin enthaltenen Ereignisse unverständlich“, erklärt Professorin Sumiko Tsukamoto, Leiterin des Geochronologie-Labors am LIAG und Professorin an der Universität Tübingen. „Unsere Arbeit liefert diese zeitlichen Informationen. Durch die Kombination unserer Datierungsmethoden lassen sich beispielsweise junge tektonische Aktivitäten – und damit Erdbebenpotenziale – im Untergrund zeitlich einordnen. Ebenso können dadurch Klima-und Landschaftsentwicklungen in den unterschiedlichen Regionen der Welt zeitlich rekonstruiert werden.“
Die Forschung mit Lumineszenz und Elektronenspinresonanz
Doch wie lässt sich das Alter von Sedimenten und Gesteinen bestimmen, die entweder nur wenige tausend oder mehrere hunderttausend Jahre alt sind? Forschende nutzen am LIAG dafür die Methoden Optisch Stimulierte Lumineszenz (OSL) und Thermolumineszenz (TL) in Mineralen wie Quarz, Feldspat und Calcit, die sie mit Licht oder Wärme stimulieren. Daraufhin reagieren manche Festkörper mit einem schwachen Leuchten, der sogenannten Lumineszenz. Die Lichtenergie sammelt sich über natürliche Strahlung an, während die Proben im Erdreich begraben sind. Die Intensität der Lumineszenz entspricht der Strahlendosis, die das Sediment seit dem Zeitpunkt aufgenommen hat, zu dem es das letzte Mal mit Tageslicht oder Wärme in Kontakt kam (Nullstellung). „Je länger Proben im Sediment begraben waren, desto mehr Licht wird akkumuliert. So können wir den Zeitpunkt ihrer Sedimentation präzise bestimmen“, so
Tsukamoto weiter. Bei der Methode der Elektronenspinresonanz (ESR) werden Proben mit Mikrowellen stimuliert. Minerale in den Proben absorbieren Strahlung, sofern die Proben einem Magnetfeld ausgesetzt werden. Anschließend wird die Absorption der eingestrahlten Mikrowellen-Energie gemessen und gibt Aufschluss über das Alter der Sedimente und Gesteine.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaft und Technik
Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Methoden ist dabei nur im interdisziplinären Team möglich: Ein Alleinstellungsmerkmal des Labors ist die enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Fachkräften aus Technik und Ingenieurwesen. Gemeinsam entwickeln sie neue Geräte, optimieren bestehende Maschinen und sorgen für eine präzise Probenvorbereitung und Probenanalyse. „Unsere Expertise ermöglicht nicht nur die Anwendung dieser Methoden, sondern auch ihre stetige Verbesserung. Das macht das LIAG zu einem führenden Institut für geochronologische Forschung“, betont Tsukamoto. „Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern die ‚Geschichtsbücher‘ mit zeitlichen Informationen über Landschafts- und Klimaentwicklungen der Vergangenheit zu füllen – und daraus Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen.“