PALEOVAN
Im Rahmen des ICDP-Projektes PALEOVAN wurden 2010 zwei bis 220 m tiefe Kernbohrungen im Lake Van (Ost-Türkei) abgeteuft. Hauptziel war die Erforschung der Umwelt- und Klimavariationen in einer klimasensiblen semiariden Region. Ein internationales Forscherteam führte geophysikalische, geologische, mineralogische und paläoökologische Untersuchungen durch. Acht Arbeitsgruppen aus Deutschland, Schweiz und der Türkei waren beteiligt.
Der in Nordost-Anatolien liegende Endsee (abflusslos) Lake Van enthält ein sedimentäres Klimaarchiv der letzten ~600 000 Jahre und deckt damit mehrere Glazial-Interglazial-Zyklen ab. Das tektonische Setting wird durch die Lage an einer Kollisionszone der Arabischen- und der Anatolisch/Eurasischen Plate kontrolliert und ist durch aktiven Vulkanismus gekennzeichnet. Der See ist von großen Vulkansystemen umgeben, die mächtige Tephra-Lagen in den Seesedimenten abgelagert haben. Die Tephra liefert datierbares Material für z.B. 40Ar/39Ar-Datierungen und damit für die Erstellung eines chronostratigraphischen Rahmens. Mittels Vorerkundungen (Seeseismik, flache Kernbohrungen) wurden mögliche Bohrlokationen identifiziert, an denen ungestörte Sedimentfolgen erhalten sind. Der Lake Van eignet sich durch diese Rahmenbedingungen besonders für hochauflösende Rekonstruktionen des Paläoklimas im Nahen Osten.
Die gewonnenen Messdaten (spektrales Gamma Ray, magnetische Suszeptibilität, spez. elektrischer Widerstand, Dipmeter sowie in Abschnitten seismische Geschwin-digkeiten) wurden mittels multivariater Statistik (Clusteranalyse) ausgewertet. Nach extensiven Tests wurden zusätzlich an Bohrkernen gemessene Elementintensitäten (aus XRF-scanning) in die statistische Analyse einbezogen.
Die erbohrten Lithologien (lakustrine tonige Silte und Tephra aus verschiedenen vulkanischen Quellen) unterscheiden sich deutlich in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften. Besonders auffällig sind die Unterschiede der vulkanischen Ablagerungen in Gammastrahlung, Suszeptibilität sowie Kalzium und Zirkon. Mithilfe anderer Projektgruppen wurden die Tephra-Einheiten den dominanten vulkanischen Zusammensetzungen zugeordnet, die von gering differenzierten basaltischen bis hin zu rhyolitischen Ablagerungen reichen. Weiterhin wurden für die vulkanischen Ablagerungen Tiefentrends festgestellt: Basaltische Tephra tritt vermehrt im tieferen Abschnitt der Bohrung auf. Dahingegen nimmt die Häufigkeit von rhyolitischer Tephra in geringeren Teufen zu. Die Tiefentrends weisen auf eine Änderung der dominanten Zusammensetzung und damit auch der physikalischen und chemischen Eigenschaften mit fortschreitender Entwicklung des Systems hin.
Die Ergebnisse verschiedener Projektgruppen wurden im Rahmen eines Special Issues (PALEOVAN) in Quaternary Science Reviews veröffentlicht.
Weiterhin wurde Zyklostratigraphie an Bohrlochmessdaten (Urangehalt aus spektralem Gamma Ray) durchgeführt. An den lakustrinen Sedimenten wurden mittels Spektralanalyse Zyklizitäten festgestellt und mit Milankovitch-Zyklen verlinkt. Es wurden Sedimentationsraten berechnet sowie ein Ablagerungszeitraum der Sedimente bis 220 m Tiefe von 593 ka abgeleitet. Eine schweizerische Arbeitsgruppe hat anhand von Korrelationen des Kernmaterials mit orbitalen Klimaproxies einen Ablagerungszeitraum von 600 ka ermittelt und somit ein sehr ähnliches ERgebnis erziehlt.
2010 - 2013
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Universität Bonn
Institut für Paläontologie