In diesem Projekt wird an zwei Lokationen in Deutschland und Österreich die Integration hochauflösender drei-dimensionaler (3-D) und Multikomponenten-Seismik für eine verbesserte strukturelle, fazielle und prozessbezogene Charakterisierung von übertieften Tälern und Becken betrieben. Die Untersuchungen sind Teil des ICDP-Projekts 'Drilling Overdeepened Alpine Valleys (DOVE)'.
Die europäischen Alpen sind umgeben und durchzogen von Tälern und Becken, die hauptsächlich während der unterschiedlich alten Eiszeiten des Pleistozäns ausgeräumt und wieder verfüllt wurden. Ein Teil dieser Strukturen zeigt einen übertieften Charakter, d.h. der eiszeitliche Gletscher hat tiefer als die fluviale Basis erodiert. Es wird angenommen, dass Schmelzwässer mit hohem Druck unterhalb des Eises für die Erosion verantwortlich sind. Nach der Erosion wurden die übertieften Täler und Becken mit glazialen Sedimenten oder Schmelzwassersanden wieder vollständig oder teilweise verfüllt. In Deutschland ist der Bodensee das prominenteste Beispiel für ein noch nicht vollständig verfülltes, übertieftes Becken. Diese Strukturen sind unter verschiedenen Gesichtspunkten von wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz, zum Beispiel in Bezug auf Grundwasser, Tunnelbau oder Endlagersicherheit (Preusser et al. 2010).
Durch das ICDP-Projekt DOVE (Drilling Overdeepened Alpine Valleys; Anselmetti et al. 2016) werden Sedimente in verschiedenen übertieften Becken erbohrt, um Rückschlüsse auf die räumlich-zeitliche Ausdehnung der verschiedenen Vereisungen im alpinen Raum und somit die Klimageschichte zu erhalten. Weitere Fragen betreffen die Genese und Verfüllung der Becken.
Auf dem eigentlichen Bohrvorhaben baut ein angegliedertes Projekt auf, das im Vorfeld der wissenschaftlichen Bohrungen den möglichen Einsatz und Nutzen von Reflexionsseismik mit Mehrkomponenten-Technik untersucht. Dazu wurden in den letzten Jahren an zwei Lokationen, dem 50-km-nördlich der Alpen Tannwaldbecken und dem inneralpinen Lienzer Becken, Messkampagnen durchgeführt. Neben hochauflösender P-Wellenseismik zur Struktur- und Faziescharakterisierung wurden SH-Wellen Profile und 6-Komponenten (horizontale Quellanregung in zwei Richtungen und 3-Komponentenemfängern) Profile registriert.
Die P-Wellenergebnisse zeigen die Struktur des Beckens, das sich in tertiäre Molasse einschneidet. Innerhalb der Beckenfüllung lassen sich verschiedene Faziesbereiche abbilden und geben Rückschlüsse auf die Verfüllung des Beckens. So identifizieren wir einen Block von Molasse innerhalb der Beckenfüllung, der nach der Beckenerosion dorthin verfrachtet wurde. Wenngleich die Auswertung der SH-Wellen und Mehrkomponentenprofile noch andauert zeigt sich bereits, dass wesentliche komplementäre Ergebnisse zur P-Wellenseismik zu erwarten sind.
Aufbauend auf den Ergebnissen wurde ein Modell der Beckenfüllung erstellt und eine Bohrlokation für die Forschungsbohrungen im Rahmen von DOVE gewählt.
Im Lienzer Becken befinden sich die Daten derzeit in der Auswertung. Erste Ergebnisse der P-Wellen zeigen ein tief eingeschnittenes Tal von ca. 600 m. Zusätzlich lassen sich interne Strukturen erkennen, die für die Auswahl eines geeigneten Bohrpunktes maßgeblich sind.
DFG
2015-2019
Lienzer Becken 2 (SH-Wellen und Mehrkomponenten Survey; 12.09.-23.09.2016)
Lienzer Becken 1 (P-Wellen Survey; 15.08.-27.08.2016)
Tannwaldbecken 3 (SH-Wellen und Mehrkomponenten Survey; 14.09.-29.09.2015)
Tannwaldbecken 2 (P-Wellen Survey; 22.06.-02.07.2015)
Tannwaldbecken 1 (P-Wellen Survey; 16.06.-26.06.2014)