Wie können wir die unsichtbaren geologischen Strukturen und Prozesse sichtbar machen? Welche Veränderungen und Gefahren – nicht zuletzt im Rahmen des Klimawandels – langfristig beobachten? Was für Potenziale unserer Erde wie nachhaltig nutzbar machen? Das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) hat am 20. September 2022 als das in Deutschland führende unabhängige, außeruniversitäre Forschungsinstitut in der oberflächennahen Anwendung der Geophysik seine Türen geöffnet, um diese Fragen zu beantworten. Forschende zeigten praxisnah, wie sie unter Anwendung ihrer – teils selbst entwickelten – geophysikalischen Messtechnik gesellschaftlich relevanten Fragestellungen zu den Forschungsthemen Grundwasser, Geogefahren, Geothermie sowie Klima- und Landschaftsveränderungen auf den Grund gehen.
Der Tag der offenen Tür am LIAG fand aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft statt. In dieser ist das LIAG seit über 50 Jahren Mitglied. Zu diesem feierlichen Anlass zeigte das Forschungsinstitut in Form von zwei Führungen an vier Stationen seine methodische Expertise. Nach einer Einleitung durch Herrn Prof. Dr. Gerald Gabriel als stellvertretender Leiter des LIAG zu den Tätigkeiten und Forschungsgebieten des Instituts, wurden die Gäste in Kleingruppen aufgeteilt, um einen individuelleren Wissenstransfer an den einzelnen Stationen gewährleisten zu können. Im Hinblick auf die Schwerpunktforschungsfelder Grundwasser und Geogefahren sowie bezüglich der Geothermie wurde anschließend die geophysikalische Messtechnik am LIAG mit Bezug zu ihrer Anwendung erklärt: Von einer beeindruckenden 2,5 Meter großen Messdrohne mit Flugsimulator, über verschiedene und unter anderem selbst entwickelte seismische Quellen, dem Bohrlochgeophysik-Messwagen mit einem Tiefenpotenzial von Messungen vergleichbar der Strecke von Großbuchholz bis zum Hannover Hauptbahnhof, bis hin zum deutschlandweit einzigartigen Rotlicht-Geochronologie-Labor zur Altersbestimmung von Sedimenten mit Blick in die Vergangenheit von vor bis zu einer Million Jahren.
Mit einem breiten Spektrum an geophysikalischen Methoden untersuchen Forschende am LIAG seit fast 75 Jahren räumlich und zeitlich komplexe geologische Strukturen und Prozesse im schwer zugänglichen Untergrund und entwickeln Mess- und Auswerteverfahren weiter. Die Gesamtheit der geophysikalischen Methoden im Labor, am Computer und im Gelände bietet einen ganzheitlichen Blick auf Strukturen sowie zeitliche und räumliche Veränderungen im Untergrund auf ganz verschiedenen Größenskalen – vom Porenraum eines Sandkorns bis zu Gebieten von der Größe Deutschlands. So werden am LIAG gesellschaftlich relevante Themen wie Grundwasserschutz, Geogefahren, Geothermie und Klima- sowie Landschaftsveränderungen der Vergangenheit für die Zukunft untersucht. Die datenbasierten Erkenntnisse sind essenziell, um in interdisziplinären Kooperationen gesellschaftlich relevante Fragestellungen zu beantworten und für Entscheidungsträger fundierte Prognosen sowie zukünftige Handlungsstrategien generieren zu können. Die langjährige Expertise und die hochwertige Messgeräte-, Labor- und Dateninfrastruktur ermöglichen es, je nach Fragestellung innerhalb des Instituts verschiedenste geophysikalische Verfahren zu kombinieren. Diese Merkmale machen das LIAG deutschlandweit einzigartig.
In Hannover, im Stadtteil Groß-Buchholz, arbeiten seit vielen Jahren drei große geowissenschaftliche Einrichtungen Seite an Seite: die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie und das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik. Insgesamt beraten hier rund 1.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Bundesministerien, nachgeordnete Behörden, EU, Wissenschaft und Industrie und die niedersächsische Landesregierung zu geowissenschaftlichen Fragestellungen. Die Einrichtungen stehen für fachliche Unabhängigkeit, Qualität und Verlässlichkeit in allen geowissenschaftlichen Fragen. Der Zugang zum fachlichen Wissen und zum Austausch in den Angewandten Geowissenschaften ist dort in einer in Deutschland und teilweise international einmaligen Breite verfügbar und auf kurzem, direktem Wege möglich. Dadurch ergeben sich synergetische Kooperationen in der Forschung.