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Pressemitteilung

Schiefer als der Turm von Pisa

... ist ein Kirchturm im thüringischen Bad Frankenhausen. Was ist der Grund dafür? Mit der lapidaren Feststellung „schlechter Boden“ wird sich die Nachwuchsgruppe im Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik in Hannover (LIAG) aber nicht zufrieden geben, denn die Ursache für den Schiefen Turm, die sogenannte Subrosion, ist ein Phänomen, das den „Boden unter den Füßen verlieren“ lässt. Subrosion erzeugt Hohlräume im Untergrund, die schlimmstenfalls unvorhergesehen einbrechen. Hier setzt die Forschungsarbeit des wissenschaftlichen Teams an: Die Subrosion ist überregional verbreitet, jedoch an bestimmte Gesteinstypen gebunden. Der Schiefe Turm und sein Untergrund ist nur eines der Objekte, die sich das Team aus Hannover exemplarisch für seine Studien zu Subrosionsprozessen ausgewählt hat.

Schiefer Turm der Oberkirche in Bad Frankenhausen

Erdfall in Northeim 2008

Eine Forschungsbohrung zum Thema beginnt Anfang Oktober, direkt neben dem Schiefen Turm, und kann bis zu 400 m Tiefe erreichen. Es hatte umfangreiche geophysikalische und geologische Voruntersuchungen gegeben; die Forschungsbohrung soll nun Licht in den Prozess bringen, der Türme schief stellt, plötzlich tiefe Erdlöcher entstehen lässt oder den Untergrund auflockert.

Für die jetzt startende Bohrung arbeitet das LIAG eng mit dem Geologischen Dienst des Landes Thüringen zusammen. Die Fachleute dieser Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) haben bereits umfangreiche geowissenschaftliche Daten zu Bad Frankenhausen zusammengetragen, eigene Bohrungen gemacht und ein fundiertes geologisches Bild vom Untergrund entwickelt – eine wichtige Voraussetzung um die Prozesserforschung voranzubringen.

Das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik hat im Frühsommer die fünfköpfige Nachwuchsgruppe ins Leben gerufen, die dem tückischen Phänomen „Subrosion“ mit geophysikalischen Mittel nachspüren soll. Ihr Forschungsauftrag lautet: „Geophysikalische Identifikation und Charakterisierung von Subrosionsphänomenen und –prozessen“. Unter der Überschrift „Georisiken“ sind die Untersuchungen in die die Forschungsfelder des LIAG eingebunden. „Es kann nicht sein, dass man immer wieder staunend vor plötzlich eingebrochenen, tiefen Erdlöchern steht“, sagt Charlotte Krawczyk, Professorin im LIAG. „Geophysikalische Messverfahren und ein vertieftes Prozessverständnis müssen entwickelt werden, damit vorher Hinweise gegeben werden können.“ Damit ist die Aufgabe umrissen, mit der sich das LIAG im Konzert mit den Geologischen Diensten befassen wird, und dafür werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des LIAG auch mit mehreren Universitätsinstituten und weiteren Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten.

Tatsächlich ist die subrosionsbedingte Beeinträchtigung der Standfestigkeit des Untergrundes ein immanentes Problem insbesondere in besiedelten Gebieten, denn die Vorhersagbarkeit ist kaum gegeben und wenn überhaupt nur unscharf möglich. Auch Großstädte sind betroffen, weltweit.