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Pressemitteilung

Forschungsbohrungen zur Klimaentwicklung im Alpenraum abgeschlossen

Erste Erkenntnisse liegen vor.

Hannover/Winterstettenstadt. Das Projekt „Drilling Overdeepened Alpine Valleys (DOVE)“ hat das Ziel, die räumliche sowie zeitliche Klimaentwicklung während der Eiszeiten bis vor 2,6 Millionen Jahren und dessen Einfluss auf die Landschaft im gesamten Alpenraum zu rekonstruieren. Hierzu führte das LIAG in Zusammenarbeit mit der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und dem LGRB im Regierungspräsidium Freiburg drei Forschungsbohrungen im deutschen Alpenvorland durch. 

Sedimentkern am Bohrplatz: Probenentnahme. (© Merlin Kamke / LIAG)

Sedimentkern am Bohrplatz: Probenentnahme. (© Merlin Kamke / LIAG)

Forschungsbohrungen sollen Aufschluss über das damalige Klima geben.  (© Merlin Kamke / LIAG)

Forschungsbohrungen sollen Aufschluss über das damalige Klima geben. (© Merlin Kamke / LIAG)

Die Region bei Winterstettenstadt - heute und vor rund 450 000 Jahren.  (© Anne Pogoda / LIAG)

Die Region bei Winterstettenstadt - heute und vor rund 450 000 Jahren. (© Anne Pogoda / LIAG)

 

Erste Forschungserkenntnisse: Ein See befand sich in dem Gebiet

Insgesamt wurden circa 700 Kilogramm Spülsedimente und rund 165 Meter Kerne aus dem sogenannten Tannwaldbecken ca. 70 Kilometer nördlich des Bodensees bei Winterstettenstadt gewonnen. Gemeinsam mit den geophysikalischen Messungen des LIAG werden sie vor allem mehr Verständnis über die klimatisch bedingten Ausprägungen des ehemaligen Rheingletschers und den Einfluss auf die Landschaftsentwicklung innerhalb der vergangenen 450 000 Jahren generieren. Eine erste Analyse sehr feiner Sedimente aus einer Tiefe zwischen rund 50-140 Metern zeigt bereits, dass sich früher in dem Untersuchungsgebiet ein See befand. Vereinzelt vorgefundene „Dropstones“ weisen zudem deutlich auf die damals herrschende Kaltzeit hin: Kleine Gesteinsbrocken, die auf dem Gletscher oder auf Eisschollen lagen, sind durch das Abtauen des Eises in den See gefallen.

 

Weitere geophysikalische Messungen und umfangreiche Sedimentanalysen in Planung

Forschende des LIAG nehmen in allen Bohrungen mit verschiedensten Sonden geophysikalische Messungen in den Bohrlöchern vor, um die spezifischen Eigenschaften der Sedimente zu ermitteln. Mit seismischen Messungen zwischen den Bohrungen erfassen sie die Bedingungen für die Sedimentablagerungen zusätzlich im Detail. Die Geophysik ist mitentscheidend, um die punktuellen Bohrergebnisse anschließend in den dreidimensionalen Raum zu übertragen und weitere Rückschlüsse zu ziehen. Erste Ergebnisse aus Voruntersuchungen wurden bereits in 3-D-Modelle umgesetzt. Die aus der Kernbohrung gewonnenen Sedimente untersuchen die Projektpartner unter anderem auf ihre Alter, ihren Pollengehalt sowie auf das Vorhandensein von Kleinstlebewesen.

Von den zwei Spülbohrungen und der Kernbohrung mit je rund 160 Meter Tiefe stellte sich aufgrund der Sedimentbeschaffenheit Letztere als bohrtechnisch besonders anspruchsvoll heraus. „Die Kernqualität ist jedoch sehr gut und es gelang uns eine intensive und sorgfältige Beprobung der Kerne bereits während des Bohrprozesses“, erklärt LIAG-Projektkoordinator und Geologe Dr. David Colin Tanner, der die Bohrungen vor Ort mit betreute. „Die Ergebnisse aus den Untersuchungen der gewonnenen Sedimente gleichen wir dann mit denen der Geophysik ab, um einen umfassenden Einblick in die Klima- und Landschaftsveränderungen zu bekommen.“

 

Daten auch nützlich für Grundwasserversorgung oder Geothermiepotenzial

„Mit dem Projekt betreiben wir bedeutende Grundlagenforschung zur räumlichen und zeitlichen Dynamik von Eiszeiten sowie zu Fragen der Klimaentwicklung in der Vergangenheit“, meinen Prof. Dr. Gerald Gabriel (LIAG) und Dr. Frank Preusser (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), DOVE-Projektverantwortliche für den deutschen Alpenraum. „Zusätzlich bieten die erhobenen Daten wertvolle Informationen zu angewandten Fragen: Sie nützen beispielsweise der Beantwortung von Fragen zur Langzeitsicherung der Grundwasservorkommen. Auch das Potenzial geothermischer Bohrungen oder grundsätzliche, geologische Eigenschaften und Prozesse können mit den Daten erfasst werden, was für zukünftige Planungen und Prognosen unterstützend wirken kann.“

Dr. Ulrike Wielandt-Schuster, Referentin für Geologische Grundlagen im LGRB, ist froh über den erfolgreichen Abschluss. Sie sieht den Mehrwert für das Land: „Forschungsbohrungen sind für uns sehr wertvoll, denn je fundierter und qualitativ hochwertiger unsere Datengrundlage ist, desto besser können wir den Aufbau des Untergrunds verstehen.“

Sobald sich die Erkenntnisse durch die Analysen vertieft haben, werden die Projektpartner den Bürgerinnen und Bürgern der Region sowie der weiteren interessierten Öffentlichkeit einen Informationsabend anbieten. In Planung ist auch, die Ergebnisse in örtlichen Museen auszustellen.
 

Hintergrund zur Förderung

Gefördert werden die Forschungsbohrungen vom International Continental Scientific Drilling Program (ICDP) als internationale Organisation zur Förderung und Unterstützung der Geowissenschaften im Bereich von wissenschaftlichen Kontinentalbohrungen, vom LGRB, der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen weiterer Untersuchungen sowie dem LIAG, welches für die Koordination der Forschung und der Bohrungen bei Winterstettenstadt verantwortlich ist. Insgesamt ist das Ziel von DOVE, innerhalb der nächsten Jahre Sedimente aus bis zu 16 Bohrungen an Standorten rund um die Alpen zu untersuchen. Im Vorfeld der Bohrungen hatten über 20 nationale und internationale Partnerorganisationen ihr Interesse an einer Beteiligung an diesem Großprojekt angekündigt.

Weitere Informationen

 

Projektwebseite zu den Bohrungen im Tannwaldbecken

 

Wissenschaftliche Ansprechpartner

Prof. Dr. Gerald Gabriel (LIAG)
Projektverantwortlicher
0511 643 3510
Gerald.Gabriel(at)leibniz-liag.de

Dr. David C. Tanner (LIAG)
Projektkoordinator
0511 643 2908
David.Tanner@leibniz-liag.de

 

Pressemitteilung auf Englisch.

Meldung im Informationsdienst Wissenschaft.